Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) strebt keine erneute Kanzlerkandidatur für ihre Partei an. Statt sich mit einer Kandidatur zu beschäftigen, wolle sie sich auf ihr Amt konzentrieren, sagte sie am Rande des Nato-Gipfels in Washington dem US-Sender CNN.

"Die Welt ist offensichtlich eine ganz andere als zur letzten Bundestagswahl", sagte Baerbock laut einer offiziellen Übersetzung des Auswärtigen Amts. Unter anderem verwies sie auf den russischen Krieg gegen die Ukraine sowie den Krieg im Nahen Osten. Beide Krisen machten Diplomatie wichtiger.

Baerbock war erste grüne Kanzlerkandidatin

"Daher bedeutet in diesen extremen Zeiten staatspolitische Verantwortung als Außenministerin für mich: Statt in einer Kanzlerkandidatur gebunden zu sein, meine Kraft weiterhin voll und ganz meiner Aufgabe zu widmen, Vertrauen, Kooperation und verlässliche Strukturen zu bilden", sagte sie. "Natürlich werde ich im Wahlkampf alles tun, um meine Partei zu unterstützen, wie ich es das letzte Mal auch getan habe", ergänzte Baerbock.

Die Zeit seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine und dem Terrorangriff der Hamas sei an ihr "nicht spurlos vorüber gegangen", schrieb sie in einem Brief an ihre Fraktion, der ZEIT ONLINE vorliegt. "Robert (Habeck) und ich gehen jetzt schon fast ewig gemeinsam durch dick und dünn und werden in den kommenden Wochen eng zusammen arbeiten", sagte sie mit Blick auf die anstehende Bundestagswahl. "Wir sind als Grüne gut aufgestellt, um 2025 gemeinsam zu einem Erfolg für uns zu machen."

2021 hatten die Grünen erstmals in ihrer Geschichte eine Kanzlerkandidatur angestrebt. Baerbock führte die Partei in den Wahlkampf anstelle ihres damaligen Kollegen im Parteivorsitz, dem derzeitigen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. Allerdings kamen die Grünen nach zwischenzeitlichen Umfragewerten von deutlich mehr als 20 Prozent bei der Bundestagswahl auf lediglich 14,7 Prozent.

Habecks Kandidatur gilt als wahrscheinlich

In der Partei wird diskutiert, ob sie bei der Wahl im kommenden Jahr überhaupt das Kanzleramt beanspruchen soll. Sollten sich die Grünen dafür entscheiden, galt bereits vor Baerbocks Absage an eine erneute Kandidatur als wahrscheinlicher, dass dieses Mal Habeck Kanzlerkandidat der Partei wird. 

Öffentlich bestätigt hat Habeck entsprechende Pläne bisher nicht. Baerbock hatte sich eine erneute Kandidatur bisher hingegen offen gelassen: "Als Außenministerin habe ich gelernt, dass alles möglich ist", sagte sie Mitte Juni der Süddeutschen Zeitung.

Bei der vergangenen Wahl hatten sich Habeck und Baerbock einvernehmlich auf die Kandidatur der Politikerin geeinigt. Im September 2022 hatte der Vorstand der Grünen zudem entschieden, dass die Parteibasis bei einer Urwahl entscheiden solle, falls es dieses Mal mehrere Kandidaten gäbe. Einen öffentlich ausgetragenen Streit um die Kanzlerkandidatur will die Partei aber vermeiden.