Der Liberalismus ist in der Krise. Auch wenn die französischen Wahlen noch einmal knapp gut ausgegangen sind, zeigt allein der Umstand, dass der Präsident die Wahlen für notwendig hielt, dass sich seine Politik keiner Zustimmung mehr sicher fühlen konnte. Obwohl die liberalen Reformen wirtschaftliche Erfolge hatten, war Macrons Ruf schlecht. Er galt als kalt, abgehoben und unempfindlich für die Sorgen des Volkes.

Warum das so ist – der Liberale wenig vertrauenerweckend erscheint –, lässt sich aktuell an einem kleinen deutschen Beispiel gut demonstrieren: an der Empörung über Christian Lindners Äußerung zur Zukunft des Deutschlandtickets. Natürlich gibt es immer Proteste, wenn eine Vergünstigung gestrichen oder gekürzt werden soll. Aber was bei Lindners Bemerkung alarmierte, war nicht so sehr die Aussicht auf eine ärgerliche Preiserhöhung, sondern die fast schon zynische Alternative, die er als Begründung anführte. "Irgendwann muss die Politik entscheiden, ob wir eher in die Schiene investieren wollen oder ob der Preis von 49 Euro bleiben soll", hatte der Bundesfinanzminister der Welt am Sonntag gesagt.